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Cassandra Clare / Interview August '10

Das Fragen stellte Kathi Rubel.

  • Du nutzt „Cassandra Clare“ als Pseudonym. Warum hast du dir gerade diesen Namen ausgesucht?

Ich bin ein großer Fan von Jane Austen und das war der Name ihrer Schwester.

  • Ich war total begeistert von deiner Trilogie „Chroniken der Unterwelt“. Ich habe alle drei Bände geradezu verschlungen. Was war der Grund, die Serie zu erweitern und nun einen 4. Roman zu schreiben?

Nun steht fest, dass ich die Trilogie noch weiter ausbauen werde – es werden sogar 6 Bücher! Ich habe immer gesagt, die „Chroniken der Unterwelt“ seien als Trilogie gedacht. Ich hatte anfangs nicht vor, sie nach „City of Glass“ weiterzuführen. Zwei Dinge änderten das.

Erstens: Ich hatte ein Handlungsschema für ein Graphic Novel geschrieben, in dem es darum ging, was Simon nach den Ereignissen aus „City of Glass“ erlebt. Als es mit dem Graphic Novel nicht klappte, war ich allein mit meiner Story und hatte keine Ahnung, was ich nun damit anfangen sollte. Also schlug ich meinem Verlag ein viertes “Chroniken der Unterwelt”-Buch vor, das sich besonders auf Simon konzentrieren sollte und zeigte den Entwurf für das Graphic Novel. Sie freuten sich über die Idee und wir handelten den 4. Teil „City of Fallen Angels“ aus, obwohl ich zu diesem Zeitpunkt noch nichts dazu geschrieben hatte – Ich war gerade dabei, das erste Buch der „Chroniken der Schattenjäger“ („Clockwork Angel“) abzuschließen, das von Jace, Clary und den Ahnen der Lightwoods handelt.

Als ich die Ereignisse des Romans „Clockwork Angel“ noch einmal zusammenfasste, kam mir die Idee für einen neuen Bösewicht und einen Konflikt, der die Charaktere aus den „Chroniken der Unterwelt“ bedrängen und die Verbindung zum Handlungsschema darstellen könnte, das ich bereits hatte und Simon handelte. Ich mochte schon immer Geschichten, in denen die ferne Vergangenheit hervortritt, um die Zukunft zu beeinflussen. Also – ohne zu viel zu verraten – als ich erkannte, dass ich die Ereignisse in den „Chroniken der Schattenjäger“ mit den wenigen offenen Enden aus den „Chroniken der Unterwelt“ verbinden könnte, wurde mir klar, dass ich es mir nicht entgehen lassen wollte, diese Story zu schreiben – besonders wenn man bedenkt, dass ich ja weiß, wie viel Chaos es in das Leben von Jace, Clary, Simon, Alec, Magnus, Isabelle und dem Rest bringen wird!

Zweitens: Im Oktober letzen Jahres setzte ich mich hin und begann die Geschichte für „City of Fallen Angels“ zu schreiben. Ich hatte einen detaillierten Entwurf, für den Part, der auf der Graphic-Novel-Idee beruhte. Als es dann aber darum ging, diesen Entwurf auszubauen und die Geschichte zu schreiben, klappte das nicht so richtig.  Ich war mit einigen anderen Autoren auf einer Schriftstellertagung in Mexiko. Als wir uns zusammen setzten und meine Ansätze durchgingen, wurde mir klar, dass die Story, die ich mir ausgedacht hatte, die ich erzählen wollte, viel größer war – dass meine kleine, Simon betreffende Geschichte zu etwas sehr viel Größerem geworden war, viel epischer und dass die gesamte Besetzung der ersten drei “Chroniken der Unterwelt”-Bücher viel tiefer involviert war. Ich erkannte, dass es nicht nur ein einzelnes Buch werden würde, das die Geschichte, die in den „Chroniken der Unterwelt“ begann, nachbereiten sollte - sondern dass dies außerdem der Beginn einer neuen Trilogie über die bekannten Charaktere war.

  • Du arbeitest ja an dieser neuen Trilogie, der Vorgeschichte der „Chroniken der Unterwelt“ mit dem Titel „Chroniken der Schattenjäger“. Was war Auslöser, die Geschichte über die Schattenjäger weiter auszubauen?

Ich weiß, dass ich eine zweite Serie über die Schattenjäger in London schreiben wollte, weil London eine meiner Lieblingsstädte ist – und warum so hart arbeiten, um eine dämonen-jagende Streitmacht zu kreieren, die sich über die gesamte Welt verteilt und dabei keine neuen Orte besuchen? Ich hatte noch kein Handlungsschema festgelegt, als ich in London war und die Blackfriars Bridge überquerte und plötzlich war da dieses deutliche Bild in meinem Kopf: Ein Mädchen und ein Junge in zeitgenössischer Kleidung aus der Mitte der Viktorianischen Ära trugen und nachts auf dieser Brücke standen – vom anderen Ende der Brücke, nicht sichtbar für die beiden, näherte sich eine Armee von Clockwork Creatures. Es war sehr unheimlich und ich war überrascht, als ich merkte, dass meine Geschichte in der Vergangenheit spielen würde. Ich versuchte, es in die heutige Zeit zu übertragen, aber das wollte nicht klappen – als die Charaktere und die Geschichte dann „wuchsen“, wusste ich, dass diese Personen die Vorfahren der Charaktere aus den „Chroniken der Unterwelt“ waren und dass ihre Geschichte Elemente beinhalten würde, deren Entwicklung spätere Ereignisse erklärte.
  • In deinen Romanen finden sich so viele unterschiedliche Arten von Liebe. Hast du eine Lieblings-Lovestory?

Oh, vielleicht Darcy und Elizabeth in „Stolz und Vorurteil“. Ich finde es immer toll, wenn Liebespaare eher durch Missverständnisse und ihre eigene Sturheit voneinander getrennt werden als von äußeren Einflüssen – Aber gute äußere Faktoren dafür liebe ich auch!
  • Was denkst du über Dreiecksbeziehungen? Aus welchem Grund stellst du so viele Beziehungen in deinen Romanen in dieser Weise dar?

Weil eine Dreiecksbeziehung ein Sinnbild ist. Jede Wahl in Liebesbelangen steht für eine Wahl, wie du dein Leben führen möchtest. Ein Beispiel: Clary – Simon zu wählen bedeutet, ein irdisches, magie-freies, aber sicheres Leben zu wählen. Jace zu wählen heißt, ein magisches und gefährliches Leben zu wählen.
  • In deinen Romanen vergleichst du viele Dinge mit Gemälden. Interessierst du dich selbst für Kunst?

Nicht besonders! Ich habe mich dafür entschieden, Clary als eine sehr malerisch-begabte, visuelle Person darzustellen, nicht nur als Person der Worte, weil das genau das Gegenteil von dem ist, was ich bin. Das half mir, zwischen uns zu unterscheiden und erinnerte mich daran, dass unsere Protagonisten – eben obwohl wir ihren sehr nahe sind, wenn wir über sie schreiben – anders denken und reagieren als wir.
  • Die Charaktere in deinen Büchern verwenden mehrere unterschiedliche Sprachen. Welche Sprachen – außer Englisch – beherrschst du?

Ich spreche Französisch, ein wenig Italienisch und ebenfalls ein wenig Spanisch.

  • Ich liebe sarkastische Bemerkungen und Jace' schneidender Sarkasmus ist einfach grandios. Machst du selbst auch gern davon Gebrauch?

Immer – und meine Freunde auch. Oft wähle ich sarkastische Bemerkungen für meine Bücher, die sie im realen Leben gemacht haben.

  • Wenn du eine paranormale Kreatur sein könntest – welche wäre das? Wärst du lieber Unterweltler oder Schattenjäger?

Ich wäre lieber ein Unterweltler, weil ich dann unsterblich sein könnte.

  • Engel spielen eine grundlegende Rolle in deiner Story. Glaubst du an Engel?

Ja, denn ich bin jüdisch und wuchs mit der mystischen jüdischen Überlieferung von Engeln auf – an Passah ließen wir immer einen Platz für den Engel Elijah unbesetzt für den Fall, dass er zu uns kommen wollte. Ich denke, es sagt etwas Wichtiges über das menschliche Wesen aus, dass in allen Kulturen und Mythologien – egal wie unterschiedlich sie auch sind – Geschichten über böse und gute Geister zu finden sind, ob sie nun „Dämonen und Engel“ oder ganz anders genannt werden spielt dabei keine Rolle.

  • Du betonst immer, wie wichtig es für dich war, Romane mit jugendlichen Hauptcharakteren zu schreiben. Warum genau hast du dieses Alter ausgewählt?

Weil die Jugendzeit die Zeit des Erwachsenwerdens und die Zeit der Wahl zwischen dem richtigen und dem einfachen Weg – die Entscheidung, welche Art Mensch man sein möchte – ist. Es ist auch die Zeit, in der die Verbindung zwischen Liebe und Familie deutlich wird. Teenager können sich in die Charaktere hinein versetzen, weil diese so sind wie sie und Erwachsene können es ebenfalls, weil niemand vergessen kann, wie es ist, ein Teenager zu sein. Wer kann schon seine erste Liebe vergessen? Die ersten großen Entscheidungen, die ein ganzes Leben verändern? Das erste Bewusstwerden, dass man erwachsen wird? Diese Dinge sind bedeutungsvoll für jeden.

  • Als Jugendliche hast du Fantasy-Romane wie Susan Coopers „The Dark is Rising“ oder Lloyd Alexanders „Prydain Chronicles“ gelesen. Welchen Lieblingsroman hast du im Moment?

Den Roman „White Cat“ von Holly Black. Die Geschichte bietet einen wundervollen Mix aus Magie und Mafia. Ich weiß, dass er auch bald in Deutschland erscheinen wird.