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Rausgepickt / SatzSchätze Mai '12

"Der Erzdämon" v. Jane Christo (Blanche)

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>Durch die verschmierte Scheibe hinter ihm schimmerte ein blitzförmiges Neonlicht, das zum Eingang der Bar darunter wies. Aus ihrer Perspektive sah es so aus, als würde der Pfeil direkt auf den Kopf ihres ungebetenen Besuchers deuten. Fast hätte sie gelacht, denn genau das fehlte dem Typen, dessen Gesicht im Dunkeln lag. Ein Neonschild, auf dem Beute stand. Blink - blink: Hier bin ich!<
(Zitat S. 8)

>Elia schloss die Augen und sog ebenfalls ihren Geruch ein, wobei er ein Gesicht machte, als ob ihre Ausdünstungen ein erlesenes Parfüm wären. Was für ein Freak, sie hatte seit zwei Tagen nicht geduscht.<
(Zitat S. 16)

>Ihr Blick ruhte auf dem Möchtegern-Dämon, der mit amüsiert funkelnden Augen leicht den Kopf schüttelte. Blanche kräuselte die Stirn und sah wieder zu Nella, die mit der Bedienung flirtete, ohne Beliar die geringste Aufmerksamkeit zu schenken. Wie konnte sie ihn ignorieren? Seine Erscheinung war in dieser Kaschemme eine kleine Sensation. Ein Hüne, gebaut wie eine Kriegsmaschine, noch dazu voller Narben an Gesicht und Händen. Selbst ohne Sonnenbrille ließ er die Matrix-Typen wie Milchgesichter aussehen. Wie wahrscheinlich war es, dass Nella ihn nicht bemerkte?
"Sie kann dich nicht sehen", zischte sie in seine Richtung.
"Wie scharfsinnig du bist."
"Aber ..."
"Du hast gesagt, sie redet nicht vor Fremden, also ..." Er ließ den Satz unvollendet in der Luft hängen.
Blanche stöhnte innerlich. Na toll, das war die Erklärung. Sie bildete sich diesen Typen nur ein - niemand außer ihr konnte ihn sehen! Hallo Nella, darf ich dir meinen neuen besten Freund vorstellen? Er ist ein Dämon und kann Feuer speien. Und du solltest mal seine Flügel sehen, die sind sen-sa-tionell! Ups, hab ich ganz vergessen: Er ist ja unsichtbar, wie dumm von mir.<
(Zitat S. 29)

>Blanches Blick wanderte wie von selbst zum Dämon. Ihn nicht zu beachten war ungefähr so leicht wie einen rosa Bi-Ba-Butzebär mit goldenem Horn und lila Flügeln zu ignorieren.<
(Zitat S. 31)

>Der Dämon schloss für einige Herzschläge die Augen, dann leerte er seine Tasse und stellte sie zurück auf das Tablett.
"Ich dachte, du nährst dich von anderen Dingen", murmelte sie und nickte zu seinem Geschirr.
"So ist es."
"Und wieso trinkst du dieses Zeug?"
"Genusssucht?" Seine Augen funkelten amüsiert.<
(Zitat S. 84)

>"Jeder Mensch macht Fehler, auch eure sogenannten Heiligen. Die Hölle ist nicht das, was man euch lehrt. Es ist die innere Hölle, durch die der Mensch gehen muss, bevor er entweder geläutert oder aber anmaßend daraus hervorgeht. Die gereinigte Seele nimmt den Weg des Lichts, die andere bleibt, und lernt hoffentlich Demut, bis sie wächst."
[...]
"Kannst du dir vorstellen, wie das ist, wenn du auf einmal von deinem Gefühlskorsett befreit bist und die Welt mit den Augen Gottes siehst? Was glaubst du, passiert, wenn du auf dein Leben zurückblickst und plötzlich den Schmerz empfindest, den du anderen zugefügt hast? Worte, die du ausgesprochen, Taten, die du ausgeführt hast. Wie würdest du dich fühlen, wenn du all das siehst, ohne deine persönlichen Erlaubnis-Filter, ohne Pardon und ohne Schokoglasur. Ohne Er-hat-es-verdient oder Ich-war-aber-im-Recht-Sprüche, die deine Handlungen beschönigen oder rechtfertigen. Denn nur, weil du dich im Recht fühlst, heißt das noch lange nicht, dass du rechtens handelst, Blanche. Wenn deine Selbstschutzmechanismen plötzlich wegfallen und du mit dir und der Wahrheit konfrontiert bist, ist das selten angenehm. Wenn du gestorben bist, ist die Zeit, dir deine Wirklichkeit so zurechtzubiegen, dass sie in dein Weltbild passt, endgültig abgelaufen. Und du begreifst, dass du nicht immer Opfer, sondern oft genug auch Initiator warst. Du durchlebst die Verletzungen jedes Lebewesens, dem du Schaden zugefügt hast, sei es durch Gedanken, Wort oder Tat. Du fühlst ihr Leid in dem Wissen, dass du nichts mehr ändern kannst, kein Wort ungesagt, keine Tat ungeschehen machen kannst. Das, Blanche, ist die wahre Natur der Hölle."<
(Zitat S. 102/103)

>"Wie viel?", fragte sie tonlos.
"Rund zwölf Millionen", sagte Leo ungerührt.
"Euro?"
"Nein", brummte er. "Wayne hat sich seinen Anteil in Lakritzschnecken auszahlen lassen."<
(Zitat S. 152)

>"Sterben ist gar nicht so schwer, weißt du. Wenn man erstmal losgelassen hat, ist es sogar ziemlich einfach. Es braucht viel mehr Mut, sich seinen Fehlern zu stellen, aus ihnen zu lernen und weiterzumachen. [...]"<
(Zitat S. 157 bzw. 195)

>Doch am Ende war sie allein zurückgeblieben in einer Welt, in der Lieben Leiden bedeutete. Denn wenn man einem Menschen erstmal sein Herz öffnete, war man eine offene Wunde, sobald dieser Jemand einen wieder verließ. Mit ihm verschwanden Freude und Wärme und zurück blieb nichts als Leere. Ein Vakuum, gepaart mit einer Eiseskälte, die zehnmal schlimmer war, als es jede Hölle sein konnte.<
(Zitat S. 167)

"Diagnose Herzklopfen" v. Antonia Rothe-Liermann (Miss Emergency)

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>Ich denke insgeheim, dass es mich zu Tode nerven würde, einem Arzt ausgeliefert zu sein, der mich mit "In einer Woche werden Sie wieder Rumba tanzen" aufheitern will. Bin ich heute einfach unaufgeschlossen und nörglerisch? Ich weiß nicht, woran es liegt, aber bei mir funktioniert Dr. Godes Art gar nicht. Ich sehe, dass meine Freundinnen absolut darauf anspringen, auch die anderen PJler wirken verzückt. Ich finde, ein bisschen würdevoller sollte ein Stationsarzt schon sein. Aber natürlich: Ob es den PATIENTEN hilft, sollte das Maß für angemessenes Arztverhalten sein - und nicht die kränkungsgefärbte Empfindlichkeit einer Oberarztkuss-geschädigten PJlerin.<
(Zitat S. 17)

>Irgendwie hilflos strecke ich die Hand aus. Gib ihn mir und verschwinde, damit ich ins Bett gehen und sterben kann. Eingewickelt in den schönsten und grässlichsten Schal der Welt.
Tahlheim tritt noch einen Schritt näher. Er gibt mir den Schal nicht. Er legt ihn mir um. Das Glassplittergefühl kommt zurück, jetzt aber ist es, als wären all die winzigen Scherben aus kribbeligem Zucker. Was wird das denn?!
Er sieht mich an. Wortlos. Aber ist in einem Schweigen schon mal so viel gesagt worden? Und dann küsst er mich.<
(Zitat S. 27)

>"Lass uns das wieder machen", sagt er leise. "Lass uns versuchen, uns einfach die wenige Zeit, die wir haben, so schön wie möglich zu machen."<
(Zitat S. 90)

>Ich bin immer noch ganz benommen. Sind wir so? Sollen wir so sein? Ich fühle mich grauenhaft.
Dr. Gode hält mich an der Zimmertür zurück. "Dass Sie sich nicht aus Profilierungssucht bewerben, ehrt Sie", sagt er leise und ernsthaft. "Aber ich habe Ihnen den Patienten genau deshalb zugeteilt. Damit Sie sich beweisen können."<
(Zitat S. 173)

>"Vielleicht müssen wir auch so werden?", fragt sie furchtsam. "Vielleicht sollten wir uns auch einen verbündeten Arzt suchen, der uns OPs zuschiebt und die anderen beiseitedrängt?" Sie sieht uns ratlos an. Wir sind sprachlos, der Vorschlag passt absolut nicht zu der sanften Isa. "Leider weiß ich überhaupt nicht, wie man sowas macht ...", setzt sie gleich hinterher - und das hört sich glücklicherweise wieder mehr nach Isa an.<
(Zitat S. 186)

>"Verlass dich drauf, Lena", sagt er, "wenn du nicht gut wärst, würde dich niemand als Bedrohung empfinden. Es ist widerlich, dass solcher Neid und Konkurrenzkampf unter den Ärzten herrscht. Aber unsere Vorstellung von Ärzten, die Hand in Hand zum Wohl des Patienten arbeiten, ist nicht unbedingt alltagstauglich."
"DU bist nicht so", wehre ich mich. "Und ich will auch nicht so sein."<
(Zitat S. 188)